Die Frei-Alberto-Schule in Sao Luis

Die Frei-Alberto-Schule in Sao Luis ist eine Pfarrschule der Gemeinde Nossa Senhora da Gloria und wurde 1982 gegründet. Zur Pfarrei gehören viele arme Stadtteile der Millionenstadt Sao  Luis.

Die Schule wird von ca. 1000 Kindern besucht. Ein Viertel von ihnen besuchen Vorschulklassen, drei Viertel gehen in die Grundschule. Daneben bietet die Schule im sogenannten Albertao ein offenes Programm für die Kinder an mit Leseprojekten, Computerkursen sowie Musik-, Theater- und Tanz-AGs.


Soziales Umfeld

Zur Pfarrei Nossa Senora gehören viele arme Stadtteile der Millionenstadt Sao Luis. „In diesen Armensiedlungen gibt es meist keine Vor- und Grundschulen", berichtet Frei Zacharias, Leiter der Schule: „Die weiten Wege zu den öffentlichen Schulen sind für viele Eltern Anlass, ihre Kinder trotz Schulpflicht nicht zur Schule zu schicken. Denn auf den langen Schulwegen lauern viele Gefahren. Zum Beispiel werden schon 6-jährige als Drogenkuriere angeworben und abhängig gemacht." Daher ist der Unterricht auf verschiedene Gebäude in den einzelnen Vierteln verteilt: Die Schule geht zu den Kindern.

Für die Aufnahme in die Frei-Alberto-Schule ist die soziale Notlage der Familien entscheidend. „80% der Familien“, berichtet Frei Zacharias, „sind ohne Einkommen. Sie schlagen sich mit Gelegenheitsjobs durchs Leben ohne jede Sicherheit für die Zukunft.“

Die Lehrerinnen, die häufig dem gleichen Milieu der SchülerInnen entstammen, legen auf die Zusammenarbeit mit den Familien größten Wert. Sie machen Familienbesuche und stehen in ständigem Kontakt mit den Eltern, die an acht Tagen im Jahr selbst die Schulbank drücken, um im Gespräch mit den Lehrerinnen die Arbeit der Schule reflektieren und weiter entwickeln.


Pädagogik

Die Pfarrschule Frei Alberto arbeitet nach der Pädagogik von Paulo Freire. Diese Methode kommt aus der Erwachsenenalphabetisierung. Sie hat zwei Schwerpunkte:

1. Jede Bildung ist politisch. Bei der Vermittlung von Wissen wird auch ein politisches Bewusstsein weitergegeben. Die Unterrichtung der armen, un¬terprivilegierten Bevölkerung muss auch zu einer politischen Bewusstseinsbildung führen. Die Schüler müssen in die Lage versetzt werden, die gesellschaftliche Situation zu erkennen und zu analysieren. Dann können sie Möglichkeiten finden, sich selbstbewusster für ihre Rechte einzusetzen und ihre Lebenssituation zu verbessern.

2. Jeder Lernende bringt bereits eigenes Wissen mit, das in den Bildungsprozess miteinbezogen werden muss, z. B. haben Erwachsene bereits Erfahrung im Umgang mit Geld, selbst wenn sie nicht lesen und rechnen gelernt ha¬ben. Im Dialog zwischen Lehrendem und Lernenden sollen die Lebenserfahrungen eingebracht und berücksichtigt werden.

Die Pfarrschule Frei Alberto ist staatlich anerkannt durch die Erziehungskommission. Sie führt den offiziellen Lehrplan durch und dokumentiert das entsprechend.


Lehr- und Unterrichtsmaterial

Die Schule Frei Alberto kommt (gemes¬sen an deutschen Schulen) mit sehr wenig Unterrichtsmaterial aus. In den Schultaschen der Kinder befinden sich Blei- und Buntstifte und mehrere Hef¬te. Es werden vergleichsweise wenig Bücher verwendet (Portugiesisch, Ma-thematik, Naturkunde, ab der 4. Klasse Neues Testament). Anschauungsmaterial wird von den Lehrerinnen selbst erstellt.

Die Schülerinnen tragen Schulkleidung, die in Brasilien Pflicht ist. Sie tragen die Schulkleidung gerne, da sie stolz darauf sind, zur Schule zu gehen.


Lehrerkollegium

In der Schule Frei Alberto arbeiten ca. 35 Klassenlehrerinnen, einige pädagogische Begleiterinnen, eine Psychologin, Sekretärinnen und Köchinnen, die für die Schulspeisung größerer Gruppen sorgen. Die organisatorische und pastorale Leitung der Schule liegt bei dem Franziskanerpater Frei Zacharias, dem Pfarrer der Gemeinde Nossa Senhora da Gloria. Die pädagogische Leitung hat Dona Angelica, die ehrenamtlich arbeitet. Dona Angelica hat die Schule maßgeblich mitaufgebaut, sie ist die „Seele der Schule“.

Die Lehrerinnen kommen aus den gleichen Wohnvierteln und sozialen Verhältnissen wie die Kinder. Sie sind also mit den Schwierigkeiten und Lebensbedingungen der Schüler bestens vertraut. Jede Klasse wird von einer Lehrerin betreut, die alle Fächer unterrichtet. Die Koordinatorinnen, erfahrene Lehrerinnen, unterstützen und beaufsichtigen die Arbeit der einzelnen Kolleginnen. Sie sind verantwortlich für acht bis neun Schulklassen in den verschiede¬nen Vierteln, die sie alle drei bis vier Wochen besuchen. Sie unterstützen die Klassenlehrerinnen, beraten sie und helfen bei auftretenden pädagogischen Problemen. Jeden zweiten Samstag finden Lehrerinnenversammlungen statt zur Planung des Lehrplans. Alle Lehrerinnen einer Klassenstufe werten den durchgeführten Unterricht aus und erstellen gemeinsam den Unterrichtsplan für die nächsten Wochen.


Schulspeisung

Die Schülerinnen der Tagesklassen nehmen an der Schulspeisung teil. Diese hat für sie eine außerordentlich große Bedeutung. Für viele Kinder ist die Schulspeisung die einzige regel-mäßige Mahlzeit am Tag. Da für die kontinuierliche Leistungsfähigkeit in der Schule eine ausreichende Ernährung notwendig ist, stellt die Schulspeisung eine Voraussetzung für die pädagogische Arbeit dar. Die Schulspeisung ist sicher für viele Kinder auch Motivation zum regelmäßigen Schulbesuch.