Sao Luis, Hauptstadt des Bundesstaates Maranhao

Sao Luis ist die Hauptstadt des Bundesstaates Maranhao. Die Stadt liegt auf einer Insel an der Nordostküste Brasiliens. Explosionsartig hat sich die Einwohnerzahl in den vergangenen 25 Jahren von 350000 auf schätzungsweise 1 Million vergrößert. Das sprunghafte Anwachsen spiegelt die strukturelle Verlagerung der Bevölkerung vom Land in die Stadt wider. Lebten 1960 noch 55 Prozent auf dem Land, sind es heute nur noch 25 Prozent. Die Gründe für die Landflucht sind vielfältig: Die Landwirtschaft verlor für viele jegliche Zukunft, da die Produktivität des Bodens nachließ und die Preise für die landwirtschaftlichen Produkte heruntergingen. Darüber hinaus stellten immer mehr Großgrundbesitzer auf die vom Staat subventionierte extensive Viehwirtschaft um. Landkonflikte bestimmten den Nordosten, und viele Kleinbauern wurden - nicht selten durch Morddrohungen - von ihrem Stück Land vertrieben, das dann als Weideland eingezäunt wurde. Immer mehr Dörfer verschwinden von der Landkarte. Die große Mehrheit der Landbevölkerung sah und sieht in der Großstadt die Lösung aller Probleme, ohne zu ahnen, was sie erwartet: kein Platz zum Wohnen, Hunger, schlecht bezahlte Gelegenheitsjobs.


An den Rändern der Städte breiten sich die Elendsviertel wie Krebsgeschwüre aus. Da das bebaubare Land in Sao Luis teuer ist, siedeln sich die Vertriebenen in den Meeresarmen an. Bei Ebbe bauen sie ihre Pfahlbauten in den Meeresschlamm. Alle sechs Stunden setzt die Flut wieder alles unter Wasser. In die­sen Palafitas (Pfahlbausiedlungen) leben Zehntausende unter unmenschlichen Bedingungen. Auf wackeligen Stegen gelangen die Menschen zu ihren Häusern aus Pappe und Plastikplanen, aus Brettern und Eternitplatten.