Lehrer*innen denken

Auszüge aus dem Tagebuch des Stellvertretenden Schulleiters - unter Coronabedingungen

von Peter Garmann

Tagebucheintragungen haben den Vorteil, dass bestimmte Dinge aus der individuellen Sicht der betroffenen Person geschildert werden.

Mein imaginäres Tagebuch des ersten Jahres Stellvertretender Schulleitung hat folgende „Highlights“:

Alles begann im Januar 2019: Der ehemalige Schulleiter, Herr Köster, ging in den wohlverdienten Ruhestand und die vormals Stellvertretende Schulleiterin Frau Brox übernahm die Leitung der Hildegardisschule.

So weit so gut, aber wer macht die Stellvertretung?

Irgendwann hing eine entsprechende Stellenanzeige am schwarzen Brett. In den Anforderungen an die möglichen Bewerber*innen fand man Aussagen zu pädagogischen und organisatorischen Fähigkeiten, zu gewissen Erfahrungen im bisherigen Schulleben, zu konfessionellen Bedingungen, zur Bereitschaft für Herausforderungen etc. -  aber da stand nichts von Corona!

Ich fing an zu überlegen…

Nach 15 Jahren Lehrertätigkeit an der Hildegardisschule war das durchaus eine neue reizvolle und verlockende Aufgabe für mich. Der Plan wurde zunächst wieder verworfen, es gab Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen, die Situation wurde im privaten Umfeld abgeklärt und nach einigen schlaflosen Nächten…

…schickte ich dann doch meine Bewerbungsunterlagen an das bischöfliche Generalvikariat!

Nach einem durchaus umfangreichen Bewerbungs- und Auswahlverfahren bis zum Frühjahr 2020 erhielt ich dann  die ersehnte Zusage - passend zum ersten coronabedingten Lockdown!

Aus China gab es seit Herbst 2019 erste Berichte über ein neuartiges Virus mit der Bezeichnung COVID-19. Man hörte nur, das ist doch weit weg, das ist doch nur eine Grippe, das kommt nie zu uns… weit gefehlt: Die Realität sah anders aus.

 

Mit meinem Dienstantritt im Mai 2020 war ich dann gefühlter Coronabeauftragter der Hildegardisschule und nun u.a. mit Tätigkeiten betraut, die ich in keiner Stellenbeschreibung gelesen hatte

 

 

 

 

  • die Einhaltung fester Sitzplätze für alle Klassen,
  • die Anschaffung von Schutzwänden und Filteranlagen,
  • die Organisation des Unterrichts mit A und B Wochen,
  • die Einhaltung der Maskenpflicht,
  • die Festlegung spezieller Laufrichtungen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens,
  • die Einhaltung der Abstandsregeln, 
  • die Anschaffung und die Verwendung spezieller Desinfektionsmittel,
  • die Durchführung von Schnelltests und die Ausstellung von Testbescheinigungen,
  • die Meldungen an das Gesundheitsamt
    und
  • natürlich die Gespräche mit sehr vielen besorgten Kolleginnen und Kollegen sowie Schülerinnen, Schülern, Studierenden und Erziehungsberechtigten.

 

Ich dachte, egal, wir kriegen sicher umfangreiche Hilfen vom Land NRW, oder?

 

Na ja, nicht alles hat dort optimal geklappt und mit der Zeit entwickelte sich eine reduzierte Erwartungshaltung an Frau Gebauer und Co. Eine Fülle von mehr als 35(!) Schulmails mit detaillierten Vorgaben, die innerhalb  kürzester Zeit (meist von Freitag auf Montag) für die gesamte Schulgemeinschaft umgesetzt werden sollten. Die Anweisung aus Düsseldorf umfassten nicht selten mehrere Seiten.

 

Das also war anscheinend mit dem Begriff „Herausforderung…“ aus der damaligen Stellenausschreibung gemeint.

 

Dann ging es im Laufe des Schuljahres 2020/2021 sogar in den zweiten und dritten Lockdown mit Distanzunterricht, Wechsel- und Hybridunterricht und nach einer gefühlten Ewigkeit zurück in den Präsenzunterricht.

Eine sehr anstrengende und belastende Zeit!

 

Sommer 2021: Es wird bereits der zweite Coronajahrgang entlassen. Herzlichen Glückwunsch an alle Absolventinnen und Absolventen!

 

Wir haben als Schulgemeinschaft in diesem Schuljahr unglaublich viele Herausforderungen gemeistert und hoffen alle auf die wohlverdienten Sommerferien.

 

Ganz herzlichen Dank an das gesamte Team der Hildegardisschule. Ohne die tatkräftige Hilfe aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten wir dieses Coronaschuljahr niemals meistern können.

Und was kommt nach den Sommerferien?

Bitte wieder Präsenzunterricht und ein ganz normales Schuljahr!!! Ich bin mal gespannt, welche Eintragungen in das Tagebuch im Schuljahr 2021/2022  dazukommen.

Zum Abschluss steht in meinem Tagebuch: Hätte ich das alles gewusst – ich hätte mich trotzdem beworben, weil ich die Aufgaben nach wie vor sehr reizvoll finde und ein wirklich  tolles Team an der Hildegardisschule arbeitet.

 

P. Garmann (Stellv. Schulleiter seit 01.05.2020)