Schule lebt I

Flucht vor dem Krieg: Besuch eines jungen, syrischen Englischlehrers in unserer Klasse.

 Julia Fliß (AHR 13d)

 

Vor den Weihnachtsferien bekamen wir die Möglichkeit, einen Einblick in die Gedanken, Erfahrungen und den Lebensweg eines syrischen Kriegsflüchtlings zu bekommen. Die gesamte Klasse war gespannt auf die Erzählungen und Berichte. Wir wussten weder, worauf wir uns einstellen konnten, noch was passieren würde oder was wir erwarten konnten. Offensichtlich waren allerdings die überraschten Gesichter der Schüler, als ein junger Mann mit einem breiten Grinsen im Gesicht in den Klassenraum spazierte. Die ersten Schüler begannen untereinander zu flüstern: „Der sieht aber fröhlich aus.“

 

Schnell wurde deutlich: Das war er tatsächlich. Monther ist sehr glücklich hier in Deutschland, um das einmal vorne anzustellen. Sehr glücklich, trotz aller Verluste, trotz des weiten Weges, trotz der Bilder in seinem Kopf, die er uns im Folgenden offenzulegen versuchte.


„Guten Tag. Wie geht es euch?“ Er lachte und die Klasse mit ihm. Wieder überraschte Gesichter und ein erneutes Flüstern: „Kann der wohl gut Deutsch?“

 

Vor Beginn des Besuchs konnten keine Fragen zu seiner Person oder zu dem Ablauf seines Besuchs geklärt werden. Aufgrund dessen fing unsere neue Bekanntschaft einfach an zu erzählen. Selbstständig, selbstbewusst, gut gelaunt, mit Hilfe eines Zettels und vor allem: komplett auf Deutsch. Monther hielt uns nun einen Vortrag, der über eine halbe Stunde ging. Er erzählte nicht nur mit Hilfe einer Power-Point-Präsentation von den Umständen in seinem Herkunftsland, sondern zeigte uns zudem Videos und Bilder, die den Vergleich seiner Stadt früher und heute darstellten. Tatsächlich war es die gesamte halbe Stunde ruhig in der Klasse. Alle hörten zu, begannen die Ursachen des Krieges zu verstehen. Vielen wurden Dinge bewusst, von denen sie vorher noch nicht gehört hatten. Wir bekamen eine Vorstellung davon, wo sein Herkunftsland eigentlich liegt, was es auszeichnet und wie es dort aussah. „Wir hatten alles.“, wiederholte Monther mehrmals. Es war erschreckend und erstaunlich, fesselnd und traurig zugleich. Es war etwas völlig anderes als wir erwartet hatten, aber Monther ermöglichte uns durch seinen Vortrag einen wesentlichen Einblick in die Vergangenheit und die Gegenwart seiner Stadt. Einen Moment lang schien er in seine eigene Vergangenheit zurückversetzt, doch sobald die Videos und Diashows endeten, schien er wieder in der Gegenwart zu sein.


Sein Besuch endete mit einem großen Applaus.


Den gesamten weiteren Verlauf der Schulzeit schien uns dieser Besuch allerdings noch nicht loszulassen. Wir hatten weitere Fragen, wollten mehr über seine Persönlichkeit und über seine Zukunftspläne hier in Deutschland erfahren.


Aus diesem Grund sorgte Frau Andreo-Garcia in Kooperation mit Frau Kleinert dafür, dass er uns ein weiteres Mal besuchen kam.


Insgesamt war die Stimmung auch dieses Mal sehr locker. Wir lachten viel und waren beeindruckt von den Sprachkenntnissen, über die Monther nach ungefähr einem Jahr Aufenthalt in Deutschland bereits verfügt. Er verstand jede unserer Fragen, auch wenn wir diese manchmal in einem etwas langsameren Tempo als gewohnt, stellen mussten. Der junge Mann aus Syrien hat unser aller Interesse geweckt, auch einmal hinter die Fassaden der neusten Medienberichte und Artikel zu diesem Thema zu blicken. Er hat uns dazu gebracht, die Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten, mögliche Vorurteile zu widerlegen und aus der Welt zu schaffen.
Dieser syrische Kriegsflüchtling hinterlässt seine Spuren als ein sympathischer, fröhlicher Mensch, der in Deutschland neu ankommen durfte, Perspektiven hat und hart für seine Träume arbeitet, um diese in ein paar Jahren verwirklichen zu können.

 

Wenn ihr ebenfalls die Chance bekommt jemanden kennenzulernen, der bereit ist seine Geschichte zu erzählen, dann nutzt diese Chance! Es öffnet einem an der einen oder anderen Stelle die Augen.